Wahlkampf über Leichen

Die Bevölkerung in Japan wird seit Tagen von immer schmerzhafteren Schicksalsschlägen apokalyptischen Ausmaßes gebeutelt. Ich wünschte mit, unsere Politiker würden mehr Mitgefühl gegenüber den Opfern zeigen und angesichts dieser entfesselten Naturkräfte die eigene Unvollkommenheit demütig und vor allem schweigend ertragen.

Statt dessen starten unsere Berufspolitiker voll mit dem Wahlkampfthema “Atomkraft” durch. Die Grünen wiederholen die zwar richtigen, aber derzeit unangebrachten Argumente. Während die FDP vor einer endgültigen taktischen Wahlkampf- Positionierung vermutlich noch ihre Spendeneingänge auszählen muss will die Union aufgrund der Ereignisse in Japan “alle deutschen Kernkraftwerke einer umfassenden Sicherheitsprüfung” unterziehen lassen, als ob sich Naturkatastrophen voraus sehen lassen könnten. Dagegen hilft auch kein Moratorium, damit wir so weitermachen können wie bisher, falls nur wenige Japaner verstrahlt werden.

Wirklich beunruhigend ist die neue Devise von Frau Merkel nur für Bürger, die sich mit dem Thema Atomkraft in Deutschland nie eingehend beschäftigt haben: “Es gibt bei dieser Sicherheitsprüfung keine Tabus.” Angefangen von jährlich hunderten “sicherheitstechnisch bedeutsamen Ereignissen” über Vertuschungen bis zu höchst unzuverlässigen Betreibern wurde schon umfassend berichtet, aber das Ergebnis der Untersuchungen steht für die Regierung ohnehin schon fest: “Ein Abschalten deutscher Kernkraftwerke unter Inkaufnahme der Verwendung von Kernenergie aus anderen Ländern aber ‑ das sage ich ebenso unmissverständlich ‑ kann und darf nicht unsere Antwort sein.” Dabei ist auch Frau Merkel bekannt, dass Deutschland seit Jahren Strom ins Ausland exportiert. Was für eine Farce.

Ich kann mich garnicht entscheiden, ob die Hybris unserer Regierung, unsere Natur vollständig kontrollieren zu können oder der Versuch von SPD und Grünen, im Wahlkampf vom Leid zehntausender Japaner zu profitieren widerlicher ist. Dieser Tage muss sich als Mitglied egal welcher Partei einfach nur in Grund und Boden schämen.